Resturlaub verfällt nicht mehr BAG: Hinweispflicht Arbeitgeber Urlaub

Resturlaub verfällt nicht mehr BAG - Hinweispflicht Arbeitgeber Urlaub und Urlaubsabgeltung Verjährung
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Urlaubsansprüche und Verjährung: Urteil des BAG mit weitreichenden Folgen

Wann verfällt nicht genommener Urlaub? Das Bundesarbeitsgericht setzt neue Maßstäbe.

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Doch was passiert, wenn dieser Urlaub nicht genommen wurde? Verjährt er nach einer bestimmten Zeit oder bleibt er bestehen? Mit Urteil vom 20. Dezember 2022 (Az. 9 AZR 266/20) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass Urlaubsansprüche nicht automatisch verfallen, sondern Arbeitgeber eine Mitwirkungsobliegenheit trifft. Oder kurz gesagt: „Resturlaub verfällt nicht mehr!“ Jedenfalls nicht einfach so. Arbeitgeber müssen sich aktiv darum kümmern, dass ihre Angestellten ihren Urlaub nehmen – sonst bleiben sie auf den offenen Tagen sitzen.

Vom Schreibtisch in die Verjährung? Der Fall einer Steuerfachangestellten und ihr verlorener Urlaub

Die klagende Arbeitnehmerin war als Steuerfachangestellte tätig und hatte in den Jahren 2012 bis 2017 erhebliche Urlaubsansprüche nicht in Anspruch genommen. Insgesamt ging es um 101 Urlaubstage – also mehr als 20 Wochen Erholung, die ihr der Arbeitgeber nicht nachdrücklich genug angeboten hatte. Nach dem Ende ihres Arbeitsverhältnisses verlangte sie eine Urlaubsabgeltung in Höhe von über 17.000 Euro. Der Arbeitgeber winkte jedoch ab und berief sich darauf, dass diese Ansprüche verjährt seien.Das Arbeitsgericht gab der Klage teilweise statt und erkannte einen Teil der Urlaubsansprüche an, während es für die älteren Urlaubsansprüche eine Verjährung annahm. Das Landesarbeitsgericht hingegen wies die Klage vollständig ab und entschied, dass sämtliche Urlaubsansprüche nach § 195 BGB (dreijährige Verjährungsfrist) erloschen seien. Die Arbeitnehmerin legte daraufhin Revision beim Bundesarbeitsgericht ein – und das mit Erfolg.

BAG zu Arbeitgebern: Urlaub ist kein Glücksspiel!

Das Bundesarbeitsgericht stellte klar, dass sich Arbeitgeber nicht einfach zurücklehnen können, wenn es um den Urlaub ihrer Angestellten geht. Der Anspruch auf Erholungsurlaub ergibt sich aus § 1 BUrlG, während § 7 Abs. 3 BUrlG regelt, wann Urlaub verfällt. Laut BAG ist das aber nicht automatisch nach Ablauf eines Jahres der Fall – zumindest nicht, wenn der Arbeitgeber seiner Hinweispflicht nicht nachkommt.

Die Richter stellten sich auf die Seite der Arbeitnehmerin: Die Verjährung beginnt erst zu laufen, wenn der Arbeitgeber seine Mitwirkungspflicht erfüllt hat. Das bedeutet konkret:

  • Arbeitgeber müssen ihre Mitarbeiter aktiv und unmissverständlich darauf hinweisen, dass ihr Urlaub verfällt, wenn sie ihn nicht nehmen.
  • Diese Informationen müssen rechtzeitig und transparent erfolgen.
  • Erst wenn dieser Hinweis erfolgte, beginnt die dreijährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB.

Das BAG bezieht sich dabei auch auf die europarechtlichen Vorgaben aus der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG und auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-684/16 („Max-Planck-Gesellschaft“). Arbeitgeber können sich also nicht einfach auf die allgemeinen Vorschriften zur Verjährung berufen, wenn sie ihren eigenen Verpflichtungen nicht nachgekommen sind. Die „Hinweispflicht Arbeitgeber Urlaub“ ist damit keine bloße Formalie, sondern eine zentrale Bedingung dafür, dass Urlaub überhaupt verfallen kann.

Kein Hinweis, kein Verfall: Warum Urlaub jetzt (fast) unsterblich ist

Da der Arbeitgeber im vorliegenden Fall seiner Hinweispflicht nicht nachgekommen war, konnte er sich nicht auf die Verjährung berufen. Anders gesagt: Kein Hinweis, keine Verjährung!

Dies bedeutet:

  • Ohne ordentlichen Hinweis verfällt der Urlaub auch nach Jahren nicht.
  • Die Arbeitnehmerin hatte daher weiterhin Anspruch auf Urlaubsabgeltung – und das trotz der zwischenzeitlich vergangenen Jahre.
  • Die Entscheidung des BAG zeigt klar, dass Arbeitgeber die Verantwortung für den rechtzeitigen Urlaubsantritt nicht einfach auf ihre Angestellten abwälzen können.

Diese Rechtsprechung hat weitreichende Folgen: Wer als Arbeitgeber die Urlaubsansprüche seiner Mitarbeiter nicht korrekt kommuniziert, muss auch Jahre später noch mit Forderungen rechnen. „Urlaubsabgeltung Verjährung“ ist damit kein Selbstläufer mehr, sondern eine Frage der richtigen Arbeitnehmerinformation.

Fazit: Was bedeutet das Urteil für Arbeitnehmer und Arbeitgeber?

Das Urteil des BAG hat für beide Seiten gravierende Konsequenzen:

Für beide Seiten ist das Urteil ein Weckruf: Urlaub ist kein Selbstläufer, sondern ein rechtlich abgesicherter Anspruch, der weder ohne Weiteres verjährt noch automatisch entfällt.

Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass sie ihre Angestellten rechtzeitig und nachweislich auf ihren Urlaubsanspruch hinweisen. Andernfalls können Ansprüche auch nach Jahren noch bestehen.

Arbeitnehmer können beruhigt sein: Falls sie nicht explizit auf ihren Urlaubsverfall hingewiesen wurden, steht ihnen auch noch nach längerer Zeit eine Abgeltung nicht genommener Urlaubstage zu.


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Eine individuelle Beratung mit einem Rechtsanwalt wird empfohlen, um Ihre spezifische Situation zu bewerten und eine maßgeschneiderte Vorgehensweise zu entwickeln.


Fragen und Antworten zum Thema Resturlaub verfällt nicht mehr BAG:

  • Bedeutet das BAG-Urteil, dass Resturlaub jetzt unbegrenzt gültig ist?

    Nicht ganz, aber Resturlaub verfällt nicht mehr automatisch. Die Verjährung beginnt nur dann, wenn der Arbeitgeber seiner Hinweispflicht nachkommt und die Mitarbeiter klar darauf hinweist, dass ihr Urlaub sonst verfällt. Ohne diesen Hinweis können Arbeitnehmer auch Jahre später noch eine Urlaubsabgeltung verlangen.

  • Wie können Arbeitgeber sicherstellen, dass Urlaub tatsächlich verfällt?

    Arbeitgeber sollten aktiv auf offene Urlaubsansprüche hinweisen – und das am besten schriftlich. Denn ohne einen klaren und belegbaren Hinweis greift die Verjährung nicht. Die Hinweispflicht Arbeitgeber Urlaub ist daher essenziell, um spätere Nachforderungen zu vermeiden.

  • Ich habe jahrelang keinen Urlaub genommen – kann ich jetzt eine Abgeltung verlangen?

    Ja, wenn dein Arbeitgeber dich nicht rechtzeitig über den Verfall deines Urlaubs informiert hat. In diesem Fall gilt: Urlaubsabgeltung. Verjährung setzt erst mit der ordnungsgemäßen Belehrung ein. Falls das nicht geschehen ist, kannst du auch nach Jahren noch Ansprüche geltend machen.


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Quellen – Ewiger Urlaubsanspruch:


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