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Das geht gegen mein Persönlichkeitsrecht: Ist die Impfpflicht meines Arbeitgebers gesetzwidrig?
Als Ende Dezember in Deutschland die Impfkampagne gegen COVID-19 begann, bewegte die Bürger und Bürgerinnen in Deutschland die Frage der Impfpflicht. Mitunter führen hitzige Debatten um eine Corona-Schutzimpfungspflicht, insbesondere am Arbeitsplatz zu einer Erhöhung des sozialen Drucks auf den Einzelnen. In diesem Beitrag wird die aktuelle Rechtslage hinsichtlich einer Impfpflicht gegen Covid-19, als auch die Konsequenzen auf das Arbeitsverhältnis kritisch beleuchtet.
Ist-Situation: Impfpflicht grundsätzlich nur in gesetzlich geregelten Ausnahmefällen
Angesichts des Urteils zur Pockenimpfung (BVerwG, 14.07.1959 – I C 170/56), stimmt eine Impfpflicht zwar mit dem Grundgesetz überein, doch einer Implementierung sind mit Bezug auf die hohe Eingriffsintensität in das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Recht auf körperliche Unversehrtheit scharfe Grenzen gesetzt. Demnach sollte zu keinen Änderungen bezüglich des regulären Arbeitsverhältnisses zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber geben.
Gegenwärtig bildet § 20 Abs. 6 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) den gesetzlichen Rahmen einer Impfpflicht. Die Vorschrift ermächtigt das Bundesgesundheitsministerium durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates anzuordnen, an Risikogruppen der Bevölkerung zur Schutzimpfung zu appellieren. Aufgrund dieser Vorschrift gilt seit dem 1. März 2020 das Masernschutzgesetz mit dem Ziel, die notwendige Impfquote von 95 % zu erreichen und die Krankheit so vollständig zu eliminieren. Eine solche gesetzliche Impfpflicht gibt es für COVID-19 derzeit nicht, da sich die Bundesregierung gegen ihre Einführung aussprach.
Ist eine Impfpflicht am Arbeitsplatz denkbar?
Der momentanen Rechtslage nach kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer trotz Direktionsrechts nicht anordnen, sich einer Impfpflicht zu unterwerfen. Diese kann auch nicht auf § 618 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gestützt werden. Die Vorschrift verpflichtet den Arbeitgeber zum Schutz seiner Arbeitnehmer vor Gefahren für Leben und Gesundheit. Eine spezielle Arbeitsschutzvorschrift, die eine Pflicht zur Impfung vorsieht, gibt es derzeit nicht.
Weiter darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer gem. § 612a BGB bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer seine Rechte ausübt und das gegen das Maßregelungsverbot verstoßen würde. Solange keine gesetzliche Pflicht zur Impfung besteht, kann der Arbeitnehmer sie zulässigerweise verweigern und muss grundsätzlich keine Konsequenzen befürchten.
Personenbedingte Arbeitgeberkündigung
Obgleich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) den gewählten Volksvertretern im Bundestag versicherte, es werde in dieser Pandemie keine Impfpflicht geben, befürchten Arbeitnehmer, dass eine freie Entscheidung von einer Diskriminierung überlagert werden kann.
So kann in Ausnahmefällen eine personenbedingte Arbeitgeberkündigung zulässig sein, wenn es für den Arbeitnehmer, der sich gegen die Impfung entschieden hat, keine andere Einsatzmöglichkeit mehr im Betrieb gibt.
Auf der anderen Seite gebietet die arbeitsvertragliche Nebenpflicht in diesen Berufen aber auch, dass der Arbeitgeber eine Bescheinigung ausstellt, dass der Arbeitnehmer zu einem Beruf gehört, der prioritär ein Recht auf die Impfung hat. Impfwillige Arbeitnehmer können sich so als Risikogruppe oder systemrelevanter Beschäftigter früher impfen lassen als die Allgemeinheit, sofern eine solche Impfreihenfolge gesetzlich festgelegt wird. In dieser Hinsicht kann der Zugang zum Arbeitsplatz von der Willigkeit des Arbeitnehmers, sich impfen zu lassen, abhängig werden. Zugleich müsste Arbeitnehmer mit seiner individuellen Impf-Entscheidung öffentlich gehen, was das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung wesentlich einschränken würde.
Setzt man Sie am Arbeitsplatz unter Druck eine Corona Impfung zu erhalten?
Sollten man Sie an Ihrem Arbeitsplatz jedoch unter Druck setzen, sich impfen zu lassen, ähneln diese Umstände durchaus einer Impfpflicht. In dieser Situation steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Kaufmann gerne zur Verfügung und übernimmt die nötigen Klageschriften und Anträge für Sie. Zögern Sie daher nicht, uns umgehend zu kontaktieren.
Kann mein Arbeitgeber mich zu einer Impfung verpflichten?
Grundsätzlich gilt, dass der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer nicht zur Impfung zwingen kann. Natürlich kann ein Arbeitnehmer freiwillig an einer Impfaktion am Arbeitsplatz teilnehmen. Eine Impfpflicht stimmt zwar mit dem Grundgesetz überein, doch gilt als tiefer Eingriff in die Persönlichkeitsrechte.
Gibt es Ausnahmen bei der Impfpflicht beim Arbeitgeber?
Ausnahmen kann es in bestimmten Arbeitsbereichen geben, etwa in Kliniken, Arztpraxen oder bei anderen ambulanten Pflegediensten. Eine Impfpflicht gegen Masern herrscht für gewisse Berufsgruppen bereits, das im Masernschutzgesetz geregelt ist. Das Bundesverteidigungsministerium prüft derzeit, ob es eine Impfung gegen Sars-CoV-2 in die Reihe der Pflichtimpfungen aufnimmt.
Darf mich mein Arbeitgeber kündigen, wenn ich mich nicht impfen lassen möchte?
Unter den aktuellen Voraussetzungen kann der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer nicht dazu verpflichten, sich einer Impfung zu unterziehen. Dies bedeutet aber nicht, dass er ihn nicht unter Druck setzen kann, das in Form von einer Kündigungsdrohung erfolgen kann. Insbesondere im Gesundheitsbereich kann der Arbeitgeber eine Androhung einer Kündigung aussprechen, da eine Impfverweigerung des Arbeitnehmers eine Gefahr für andere darstellen kann und der Arbeitgeber einer Fürsorgepflicht unterliegt.
Quellen
–https://www.zdf.de/nachrichten/politik/corona-impfpflicht-debatte-100.html
– Impfpflicht gegen Corona?. DFZ 65, 22 (2021). https://doi.org/10.1007/s12614-021-0022-y
– https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__612a.html